„Mitspielen und ein bisschen Ärgern“, das ist das Ziel des „Team Stuttgart“ zum Start in die «Müller – Die lila Logistik Rad-Bundesliga 2014. Zehn Fahrerinnen des Traditions-Teams aus Stuttgart werden heute beim traditionsreichen Frühjahrsklassiker in Cadolzburg an den Start gehen. Acht Teams haben laut Bund Deutscher Radfahrer für die wichtigste deutsche Rennserie gemeldet. Zehn Einzelstarterinnen komplettieren das Starterinnenfeld.

Für den Stuttgarter Teamchef Olaf Janson ist der Vorjahressieger, das „Koga Ladies Cycling Team“ aus dem Westmünsterland, erneut Favorit für die Mannschaftswertung – neben dem „Maxx-Solar Cycling“-Frauenteam aus Thüringen, deren Teamchefin Vera Hohlfeld als ehemalige Nationalfahrerin und als Chefin der „Internationalen Thüringen Rundfahrt für Frauen“ über ein umfassendes Knowhow der Szene verfügt.

Fast schon ein Fossil in der schnelllebigen Zeit

Das „Team Stuttgart“ ist mit seiner zwanzigsten Saison die dienstälteste Mannschaft im Bundesliga-Feld und in der heutigen – auch im Sport - schnelllebigen Zeit ein bestaunenswertes Fossil. Es wurde 1995 gegründet, damit Sportlerinnen aus Baden-Württemberg an der Radbundesliga teilnehmen konnten. Seit Herbst 1995, also seit nunmehr neunzehn Jahren, zieht Olaf Janson die Fäden - im Hintergrund und im Fokus der Rennen. Ein Glücksfall - eigentlich sollte die Mannschaft bereits nach einer Saison mangels Betreuern aufgelöst werden.

Zurückblickend war das Team für die eine oder andere Fahrerin auch Talentschmiede.

Einige Fahrerinnen, die einst unter Vertrag waren, holten später internationale Lorbeeren. Zum Beispiel im Jahr 2004: Die Schwedin Camilla Larsson nahm an den olympischen Spielen in Athen teil und Landsfrau Monica Holler holte sich den Europameisterschaftstitel auf der Straße. Auch Mountainbike-Topfrau und Stehaufmännchen Sabine Spitz trug schon ein Stuttgarter Trikot, ebenso wie die aktuell beste Deutsche der UCI-Rangliste 2014, Claudia Häusler (Giant-Shimano Women), oder die amtierende Deutsche Meisterin im Einzelzeitfahren, Lisa Brennauer, derzeit Profi bei „Specialized-lululemon“. Den ersten Stuttgarter Bundesligasieg feierte etwa Mountainbike-Profi Regina Marunde in Karbach,.Regina Schleicher, die ehemalige Weltmeisterin, konnte dies ein Jahr später toppen und schnürte dort an einem Doppelwochenende ein siegreiches Bundesliga-Doppelpack. Auch Christiane Söder, die die Nationalität wechselte und als Österreicherin mit deutscher Herkunft im internationalen Radsportzirkus startete, Olympia-Vierte wurde und Dritte bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart, gehörte dazu.
Die Vita des Team Stuttgart liest sich also fast schon wie eine kleine deutsche Radsportfibel.

Motto: Mit Teamgeist gezielt aber behutsam Talente an den Profisport heranführen

Das „Team Stuttgart“ verfolgt weiter seine Devise: Gezielt junge, talentierte Athletinnen behutsam an den internationalen Frauenleistungssport heranzuführen. Auch 2014 versuchen international erfahrene Sportlerinnen jungen Talenten mit taktischen Ratschlägen zur Seite zu stehen. Die Ziele sind überschaubar. „Gute Teamarbeit und gute Platzierungen bei verschiedenen Rennen. Wir nehmen die Bundesliga mit, legen aber vor allem großen Wert auf gute Platzierungen bei einzelnen Rennen abseits der Liga“, verrät Teamchef Janson und erklärt „ bei uns ist Teamwork, Spaß und Sport entscheidend und eine vernünftige Berufsausbildung. Wir haben Abiturientinnen, Studentinnen und Berufstätige in der Mannschaft.“ Man habe keine Fahrerinnen, die - wie zum Beispiel in anderen Teams – etwa bei der Bundeswehr angestellt sind und bereits zu Saisonbeginn größere Etappenrennen in den Beinen haben.

Die Konstante im Team ist der Teamgeist.

„Die Zusammensetzung der Sportlerinnen zueinander muss passen. Da verzichtet man auch mal auf eine starke Fahrerin, wenn die Gefahr besteht, dass sie das Team durcheinander bringt“, erklärt Janson das Konzept: „und keine zu hohen Erwartungen an Erfolge stellen. Lieber ruhig arbeiten, anstatt große Versprechungen zu machen!“

Professioneller, teurer und reglementierter

Selbstverständlich sind im Laufe der fast zwei Jahrzehnten die Anforderungen an das Team, die Leitung und die Fahrerinnen gestiegen. „Vieles wurde professioneller, die Bürokratie ist stark gestiegen, die Kosten sind gestiegen, mehr Vorschriften und Regeln sind einzuhalten. Und auch die Verbände machen uns das Leben nicht immer leicht“, rechnet Janson auf. Da ist eine so langjährige Zusammenarbeit über zehn bis fünzehn Jahre mit den einen Partnern Shimano, Müsing Rahmen, Selle Italia Sättel und Michelin Reifen hilfreich und wohltuend.

Der schönste Moment

Nach seinem schönsten Moment im Team befragt, muss Olaf Janson, der selbst früher Rennen fuhr, erst einmal Luft holen und durchatmen: „Es gab viele schöne Momente,! Auch abseits der Rennen! Der schönste Moment war aber vielleicht 2008 auf der Bahn in Büttgen, als ich Lisa Brennauer bei der Abschlusssiegerehrung der Bundesliga mit der nachträglichen Übergabe der Bronzemedaille von der Europameisterschaft überraschen durfte. Lisa war nach einem Dopingfall nachträglich vom vierten auf den dritten Platz vorgerückt. Der Europäische Verband wollte ihr die Medaille per Post zusenden. Ich habe dann dafür gesorgt dass die Übergabe in einem würdigen Rahmen beim Bundesligafinale erfolgen konnte.“

Zum Bundesligaauftakt sind für das Team auf den Müsing-Rennern neben vier bisherigen Fahrerinnen auch acht Neuzugänge am Start.

Annabell Öschger ( RSC Friesenheim)
Heike Noever (RSV Stuttgart-Vaihingen),
Melanie Berger (RSV Stuttgart-Vaihingen)
Nicole Mader (RSC Kempten// Dienstälteste, seit 2007 im Team-Stuttgart)
Sarah-Lena Hofmann(RV Viktoria Wombach)
Annette Rathmann (TV Attendorn)
Annika Wohlfahrt (RV Pfeil Magstadt)
Tanja Hennes (TV Attendorn)
Carolin Pfister (RSV Stuttgart-Vaihingen)
Sabine Ossyra (Rottaler RSV)
Lisa Hempfer (TSG Leutkirch)
Nadine Meissner (RU Wangen)

(Text:uhu Fotos Neunziger Jahre:Team/Janson)